Monat: Mai 2019

Zinsbindung im Niedrigzinsumfeld: Über kurz oder lang?

Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung bieten attraktive Zinskonditionen, solche mit zwanzig oder mehr Jahren Laufzeit eine hohe Sicherheit. Welche Entscheidung die richtige ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Für Unentschlossene passt vielleicht eine dritte Option.

Was wollen Sie – und was können Sie sich leisten?

Es ist für viele die Gretchenfrage bei der Auswahl des passenden Baudarlehens: Den Top-Zins sichern und zehn Jahre lang von sehr niedrigen Zinskosten profitieren? Oder jetzt die günstigen – aber vergleichsweise teureren – Konditionen auf lange Sicht festschreiben und unabhängig von Zinsänderungen bleiben?

Die Antwort bei dieser Entscheidung hängt natürlich damit zusammen, wie viel Flexibilität Sie wünschen und wie hoch Ihr Sicherheitsbedürfnis ist. Doch das fällt manchmal schwer zu sagen. Vier Fragen und deren Antworten helfen, Klarheit über die richtige Finanzierungsstrategie zu gewinnen.

1. Sind Sie in der Lage, eine hohe monatliche Rate zu zahlen?

Je höher die anfängliche Tilgung eines Darlehens ist, umso schneller schmilzt die Restschuld. Die Zinsersparnis bei einem Angebot mit kürzerer Laufzeit sollte der Kreditnehmer daher unbedingt in die monatliche Rate stecken, um sich vom Zinsänderungsrisiko unabhängig zu machen. Wer sich eine vierprozentige Anfangstilgung leisten kann, hat bei einem Kredit über 100.000 Euro nach zehn Jahren 22.000 Euro weniger Schulden als derjenige, der zwei Prozent Tilgung wählt. Sondertilgungen können den Schuldenabbau zudem beschleunigen.

Kürzere oder längere Zinsbindung – was ist für Sie das Richtige?

2. Geht es um eine Anschlussfinanzierung, bei der die Darlehenssumme nicht mehr allzu hoch ist?

Beim Auslaufen der Zinsbindung ist für das Kostenrisiko entscheidend, wie viel von dem Darlehen bereits getilgt worden ist. Ist die Darlehenssumme von vornherein eher niedrig oder kann sie während der Laufzeit durch hohe Raten oder Sonderzahlungen reduziert werden, muss Sie sich selbst in einem weniger attraktiven Zinsumfeld kaum Sorgen vor einer Anschlussfinanzierung machen.

3. Sind Sie Selbstnutzer und wollen langfristig in Ihrer Immobilie wohnen?

Wer als junge Familie ein Haus kauft und dort langfristig Wurzeln schlagen will, sollte auf Sicherheit setzen. Oftmals ist es in dieser Lebensphase wichtig, dass die monatliche Belastung nicht allzu hoch ist und dass die Zinsen auf lange Zeit gesichert sind. Mit Volltilgerdarlehen lassen sich die Zinsen bis zur Rückzahlung der gesamten Kreditsumme sichern. Allerdings können die monatlichen Raten vergleichsweise hoch sein. Soll die monatliche Belastung beim Volltilger gering sein, muss eine entsprechend lange Laufzeiten gewählt werden.

4. Ist ein guter Zins und das Thema Zinssicherheit gleichermaßen wichtig?

Eine Mischfinanzierung mit einem langen und einem kurzfristigen Teil bietet sich als Kompromiss für Sie an, wenn Sie ihre Darlehenskosten möglichst niedrig halten und zugleich bei der Anschlussfinanzierung das Zinskostenrisiko begrenzen möchten. Solche Angebote bestehen aus zwei Darlehen, zum Beispiel wird eine Gesamtfinanzierung über 240.000 Euro aufgeteilt in ein Darlehen in Höhe von 80.000 Euro und fünf Jahren Laufzeit sowie ein Darlehen in Höhe von 160.000 Euro und fünfzehn Jahren Laufzeit.

Der kurzfristig angelegte Teil ist darauf ausgelegt, die Darlehenssumme möglichst schnell zu reduzieren – hier fließen also auch alle Sondertilgungen rein. Der zweite Teil ist für die langfristige Planung gedacht und derjenige, der das Zinsänderungsrisiko absichert.

Die Darlehenssplittung bietet einen attraktiven Gesamtzins, Sicherheit und gleichzeitig Flexibilität zu reagieren, wenn sich die Lebensumstände ändern. Zu bedenken ist allerdings, dass bei einer möglichen Anschlussfinanzierung weniger Handlungsspielraum vorhanden ist. Es muss voraussichtlich beim finanzierenden Institut verlängert oder beim Wechsel eine andere Bank bereit sein, sich bei der Besicherung des Darlehens hinter dem ursprünglichen Geldgeber einzuordnen, der bereits den langfristigen Anteil finanziert hat. Nicht allzu viele Banken sind jedoch bereit, sich bei einem solchen Finanzierungsmix in die zweite Reihe zu stellen. Am besten ist also der kurzfristig angelegte Teil bei Auslauf der Zinsbindung bereits abbezahlt.

(Prohyp, 23.05.19)